Einst war die Cap Arcona der modernste und luxuriöseste Schnelldampfer der deutschen Reederei “Hamburg Süd”.
Das Luxusschiff, mit über 200 Metern Länge, hatte im November 1927 seine Jungfernfahrt: in 14 Tagen von Hamburg nach Buenos Aires.
18 Jahre später wurde die Cap Arcona jedoch zum Schauplatz einer der größten Katastrophen der deutschen Schifffahrtsgeschichte: In den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs wurde die Cap Arcona zum schwimmenden Gefängnis für etwa 4600 Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme.
↑ Kurzdokumentation über die Cap Arcona (Länge 5:32)
Schnelldampfer der Superlative
Von Hamburg nach Buenos Aires in 14 Tagen
Die Cap Arcona war seit ihrem Stapellauf am 14. Mai 1927 der modernste und luxuriöseste Schnelldampfer der deutschen Reederei “Hamburg Süd”. Das Luxusschiff, mit über 200 Metern Länge, trat im November 1927 seine Jungfernfahrt nach Argentinien an und brachte fortan im Linienverkehr zwischen Hamburg und Südamerika Auswander wie Luxusreisende mit höchstem Komfort in etwa zwei Wochen zum Ziel: von Hamburg nach Buenos Aires.
Die Cap Arcona galt dabei als das schönste Schiff seiner Zeit. Es bot der reisenden Oberschicht außergewöhnlichen Luxus, wie einen großzügigen Swimmingpool, einen üppigen Ballsaal, einen eigenen Tennisplatz und einem durch große Fensterpaare mit Tageslicht erhellten Speisesaal mit über 35 Metern Länge.
Oberklasse-Reisende fanden auf der Cap Arcona in acht Deluxe-Suiten auf Deck D Platz. Jede dieser Suiten bestanden aus großzügig geschnittenen Wohnzimmer, Schlafzimmer, Badezimmer, Toilette und Kofferraum. Die Suiten wurden mit Kirschbaum, Nussbaum, Birke, Mahagonie und anderen tropischen Edelhölzern ausgestattet und besaßen jeweils drei ungewöhlich große Fenster. Emigranten reisten weniger pompös in der Zwischendeck-Klasse.
Im Jahr 1939 fuhr die Cap Arcona zum letzten Mal auf ihrer Route von Hamburg nach Buenos Aires und zurück. Ab 1940 wurde die Cap Arcona dann von der deutschen Kriegsmarine verwendet, u.a. als Kulisse für den Dreh des Propaganda-Spielfilms „Titanic“. Später wurde das Schiff für den Transport von Flüchtlingen aus Ostpreußen verwendet, bis es schließlich manövrierunfähig mit einem Maschinenschaden in der Lübecker Bucht verweilte.
Schwimmendes Gefängnis
In den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs wurde die Cap Arcona zum schwimmenden Gefängnis für etwa 4600 Häftlinge des [intlink id=“2678″ type=“page“]Konzentrationslagers Neuengamme[/intlink].
Unter ihnen befand sich auch Willi Neurath. Im Rahmen der Evakuierung des [intlink id=“2678″ type=“page“]KZ Neuengamme[/intlink] bei Hamburg im März 1945 trat Willi Neurath einen sogenannten Todesmarsch Richtung Lübeck an. Zusammen mit etwa 9000 Häftlingen des [intlink id=“2678″ type=“page“]KZ Neuengamme[/intlink] sollte er hier auf eines von drei Schiffen gebracht werden:
Diese wurden zuvor durch den NSDAP-Gauleiter von Hamburg, Karl Kaufmann, beschlagnahmt und zu schwimmenden Gefängnissen umfunktioniert. Hauptschiff dieser Gefangenenflotte war die Cap Arcona.
Sie lag durch einen Maschinenschaden und durch den allgemeinen Treibstoffmangel in den letzten Kriegstagen manövrierunfähig vor Neustadt. An Bord herrschen katastrophale hygienische Verhältnisse – jeden Tag sterben unzählige Häftlinge.
Die auf dem Schiff zusammengepferchten Menschen warteten wochenlang auf ihre Rettung durch die vorrückenden Alliierten. Schließlich erfuhren sie sogar durch den zivilen Kapitän der Cap Arcona vom Tod Hitlers.
Am 3. Mai 1945 – 5 Tage vor Kriegsende wurde die Häftlingsflotte um die Cap Arcona jedoch von Bombern der Royal Air Force angegriffen. Durch Fehler der Luftaufklärung glaubten die Alliierten, dass sich auf den Schiffen ranghohe Nazifunktionäre auf der Flucht nach Skandinavien befänden.
Durch fehlende Markierung, wie Flaggen oder weiße Tücher, war die Cap Arcona als ziviles Ziel nicht kenntlich gemacht. Rund 6.400 der etwa 7.000 KZ-Insassen auf der Cap Arcona und ihrem Zubringerschiff “Thielbeck” verbrannten, ertranken oder wurden erschossen.
Willi Neurath und der Untergang der Cap Arcona
Da die Wassertemperatur nur etwa 8 Grad betrug, konnten sich die meisten der bereits durch Hunger und Krankheit entkräfteten Gefangene nicht schwimmend ans Ufer retten.
Die Thielbeck versank bereits 15 Minuten nach dem Angriff der Jagdbomber des 198. Squadrons. Die Cap Arcona geriet in Brand und kippte auf die Seite – versank aber durch die geringe Wassertiefe der Lübecker Bucht nicht.
Durch diesen Umstand überlebte Willi Neurath. Da er nicht schwimmen konnte, flüchtete er sich in einen trockenen Teil des Schiffes. Am Hinterdeck wurde er am Abend von den britischen Landtruppen befreit und an den Strand von Neustadt gebracht.
Hier verbrachte er die Nacht zum 4. 5. 45.
Am Morgen des 4. Mai zog es auch Eva an den Strand. Sie konnte sich nie erklären, warum. Schon von weitem sah sie einen Mann, der ihr auf der anderen Seite des Weges entgegen kam. Er war verdreckt, verrußt und verwundet – völlig unkenntlich.
Auch Willi sah die Frau, die ihm entgegen kam bereits aus der Ferne. Er erkannte sie als seine Ehefrau – als sie sich nahe genug sind, spricht er sie mit dem ehelichen Kosenamen „Muppel“ an. Vor Schreck fiel Eva ohnmächtig in den Straßengraben. Aber sie hatten sich wieder.
Der britische Ortskommandant gab Eva und Willi eine große Villa mit Rieddach, die einem früheren hohem Nazi-Offizier gehörte, als Wohnung. Zusammen mit drei anderen Kameraden kümmerte sich Willi Neurath nach Kriegsende um die Bergung der Leichen und die Errichtung eines Mahnmals. Eva und Willi blieben in Neustadt und wurden in der SPD politisch aktiv. 1946 und 1948 kommen ihre Tochter Eva und ihr Sohn Bruno in Neustadt zur Welt.
→ Wim J Alosery über den Untergang der Cap Arcona (Länge 5:32)
Cap Arcona Museum, Neustadt
Heute gibt es in Neustadt in Holstein ein Cap Arcona Museum zur Dokumentation der Ereignisse. Zu jährlichen Gedenkfeiern und auf zahlreichen Gedenktafeln rund um die Lübecker Bucht wird an dieses Ereignis und seine Opfer erinnert.
Weitere Informationen über die Dauerausstellung, das Mahnmal und den Ehrenfriedhof in Neustadt, sowie aktuelle Sonderveranstaltungen finden Sie auf der Website der Stadt Neustadt:
Wir danken den Mitarbeitern der Hamburg Süd KG, des Cap Arcona Museum und der Stadt Neustadt für ihre Unterstützung bei unseren Recherchen und Dreharbeiten.